DONNERSTAG, 11.25 UHR

Albertz parkte fünfzig Meter von Sarah Schumanns Haus entfernt. Er blieb ein paar Minuten im Wagen sitzen und überlegte, ob er umkehren sollte. Schließlich zog er entschlossen den Zündschlüssel ab, stieg aus und ging mit langsamen Schritten auf das Haus zu. Sie würde sich wundern, wenn er mit einem Mal vor ihrer Tür stand, nachdem sie sich zuletzt an Weihnachten in Frankfurt gesehen hatten. Sie würde erstaunt sein, woher er ihre Adresse hatte. Doch das war ihm gleich, er würde von nun an keine Rücksicht mehr auf sie nehmen. Er wollte gerade die Klingel betätigen, als sie aus dem Haus trat, schön und elegant wie eh und je. Aber die Zeiten, in denen er sich nach ihr verzehrt hatte, waren lange vorbei, zu Hause wartete eine rassige, fast dreißig Jahre jüngere Brasilianerin auf ihn, die ihm jeden Wunsch von den Augen ablas. Und doch war Sarah für ihn nach wie vor eine der aufregendsten Frauen, denen er je begegnet war. Vielleicht sogar die aufregendste überhaupt. Schön, sinnlich, erotisch, verführerisch. »Sarah«, rief er ihr durch das Tor zu. Sie war auf dem Weg zur Garage und drehte sich um, ihre Miene zeigte keine Regung. »Ich habe keine Zeit.«

»Oh, oh, du hast sogar eine Menge Zeit. Komm ans Tor, oder willst du, dass halb Kiel mithört?«, sagte er leise und dennoch scharf.

Sarah Schumann trat zu ihm und musterte ihn kühl. »Was gibt es so Wichtiges?«

»Lass mich rein, und ich werde es dir erklären.« »Ich sagte doch, ich habe keine Zeit. Ich dachte, wir hätten schon vor geraumer Zeit ein für alle Mal alles bereinigt. Oder war das nur wieder eine Lüge von dir?« Sarah Schumann war aufgewühlt, gab sich jedoch kämpferisch. Albertz ging nicht auf ihre Bemerkung ein. »Nur zehn Minuten, dann siehst du mich nie wieder. Ich muss etwas extrem Wichtiges mit dir besprechen. Oder soll ich vielleicht mit einem Durchsuchungsbeschluss wiederkommen mit ein paar nicht sehr netten Bullen an meiner Seite? Du weißt, ich habe die Macht dazu. Ein Anruf genügt.« »Zehn Minuten«, sagte Sarah Schumann und öffnete das Tor, auch wenn eine innere Stimme sie warnte, es nicht zu tun. »Mein Hausmädchen ist aber da.« »Dann sag ihr bitte, dass du ungestört sein möchtest. Sie soll von mir aus die Flaschen im Weinkeller zählen, dir wird schon was einfallen.«

Schweigend ging sie vor ihm ins Wohnzimmer, wo sie das Hausmädchen gemäß Albertz' Anweisungen instruierte.

Sie setzte sich ihm gegenüber.

»Ich will es kurz machen«, sagte er geschäftsmäßig. »Ich brauche den Namen und Aufenthaltsort von unserem Mann.«

»Wen meinst du?«

»Sarah, tu mir einen Gefallen und verkauf mich nicht für blöd. Wie heißt er, und wo finde ich ihn?« »Wir hatten eine Abmachung, und die gilt nach wie vor. Du bekommst den Namen nicht. Wo er sich aufhält, weiß ich sowieso nicht, weil ich seit langem keinen Kontakt mehr zu ihm hatte.«

Albertz beugte sich vor und zischte: »Du kannst andere belügen, mich aber nicht. Ich sage dir jetzt eins: Dein Killer dezimiert meine Truppe gewaltig. Seit Samstag hat er sechs Menschen über die Klinge springen lassen ...« Sarah Schumann lachte auf. »Und weiter? Wie viele gehen denn auf dein beziehungsweise euer Konto? Ich habe mich schon seit langem zurückgezogen und dachte, ich hätte endlich Ruhe vor euch Bastarden ...« »Ach ja? Warum bist du ausgerechnet jetzt in Kiel? Rein zufällig, nur so zum Spaß oder weil du Abwechslung brauchst? Dieses Märchen kannst du jemand anderem auftischen. Ich weiß, dass du hier bist, weil er hier ist. Also, seinen Namen, und ich bin weg, und du wirst mich nie wiedersehen. Dann sind wir endgültig quitt.« »Ich dachte, das wären wir schon gewesen, nachdem du mich mehrfach vergewaltigt hast. Oder hast du das ausgeblendet?«

»Na, na, na. Ich kann mich erinnern, dass alles in beiderseitigem Einverständnis geschehen ist ... Außerdem tut das jetzt nichts zur Sache, meine liebe Sarah. Ich wäre nie zu dir gekommen, gäbe es dafür nicht einen triftigen Grund. Gestern Abend wurde Bernhard Freier von ihm umgebracht, sein vorerst letzter Coup, und ich bin sicher, dass er noch nicht vorhat aufzuhören.« Albertz hielt inne, fixierte Sarah Schumann, die seinem Blick beinahe regungslos standhielt, und fuhr fort: »Warum wildert er in unseren Reihen? Warum stellt er sich gegen uns, wo er doch erst durch uns zu dem wurde, was er ist? Wir haben ihn zu einem gefragten Auftragskiller gemacht und ihm zu einem Vermögen verholfen. Du weißt es, das sehe ich dir an.«

Sarah Schumann verzog den Mund zu einem eisigen Lächeln und schüttelte den Kopf. »Du glaubst allen Ernstes, dass der Mann, der von euch die besten Aufträge bekommen hat, sich jetzt gegen euch wendet? Das ist hirnrissig! Denk mal drüber nach, ihr habt euch so viele Feinde geschaffen, da braucht es nicht diesen einen. Ihr seid doch ständig in irgendwelche Revierkämpfe verwickelt, ich würde mich nicht auf einen versteifen, sondern auch mal den Kopf drehen. Ganz abgesehen davon, du kannst dich noch so sehr abstrampeln, den Namen kriegst du nicht, das habe ich ihm versprochen. Wenn du ihn unbedingt finden willst, dann such ihn. Ihr seid doch so clever, technologisch auf dem höchsten Stand ... Ihr braucht keine Verräterin, strengt lieber euren Kopf an und lasst die Computer laufen. Noch etwas - und das meine ich verdammt ernst: Eher würde ich sterben, als dir den Namen zu verraten. Ich habe nichts mehr zu verlieren, auch wenn du vielleicht der Meinung bist, ich würde an meinem Leben oder meinem Reichtum hängen. Da täuschst du dich. Für mich gilt der Deal immer noch, und damit basta.«

Albertz schürzte die Lippen und zog die Brauen hoch. »Ich gebe dir noch genau eine halbe Stunde, dann habe ich den Namen.«

»Tut mir leid, ich habe eine Verabredung ...« »Und mir tut es leid, dass du diese Verabredung verpassen wirst. Du bleibst hier, bis du eingesehen hast, dass du gegen mich keine Chance hast.«

»Raus!«, fuhr sie ihn an, kurz davor, ihre Beherrschung zu verlieren, aber diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. »Lass dich nie wieder hier blicken ... Wenn du glaubst, dass er in der Stadt ist, bist du auf dem falschen Dampfer.«

»Ach ja, woher willst du das wissen, wenn du doch schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm hattest?« Sarah Schumann seufzte auf. »Also gut, was das angeht, habe ich nicht ganz die Wahrheit gesagt. Ich habe Kontakt zu ihm und weiß deshalb, dass er nicht in Kiel ist. Er befindet sich auf der anderen Seite des Globus, wo genau, hat er mir nicht verraten. Er ist in einem Auftrag unterwegs, den er nicht von euch erhalten hat, aber das ist für dich ja nichts Neues.«

Albertz verzog den Mund zu einem diabolischen Lächeln. »Netter Versuch, aber vergebliche Liebesmüh. Ich frage mich, warum du ihn schützt. Habt ihr ein Verhältnis ? Hat meine süße Sarah etwa ein Verhältnis mit einem Auftragskiller? Meine liebe, liebe Sarah? Du kannst es mir ruhig sagen, ich bin nicht mehr scharf auf dich. Inzwischen bist du mir zu alt, auch wenn du für deine sechzig Jahre noch recht passabel aussiehst. Nein, du siehst nicht nur passabel, du siehst geradezu phantastisch aus. Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass ihr ein Verhältnis habt. Ihr trefft euch, lasst es im Bett so richtig krachen, und dann trennen sich eure Wege wieder. Oder auch nicht. Aber auch das werde ich noch herauskriegen.«

»Und wenn, es würde dich nicht das Geringste angehen. Aber lass dir gesagt sein: Ich habe weder ein Verhältnis mit einem Killer noch mit dir. Du bist nur eine miese kleine Ratte, die alles und jeden manipuliert.« Sie hielt kurz inne, denn sie merkte, dass sie einen Schritt zu weit gegangen war. Doch bereits im nächsten Augenblick fuhr sie entschlossen und mutig fort: »Ich weiß nicht, warum das Leben mich so behandelt hat, aber ich finde, ich habe das nicht verdient. Erst mein werter Göttergatte, dann du und dein verfluchter Verein. Ihr seid der Abschaum dieser Welt. Ihr herrscht aus dem Dunkeln heraus, wie die Kanalratten«, stieß sie bitter hervor in dem Versuch, ihre Angst mit Worten zu überspielen, die sie normalerweise nicht benutzte.

Denn sie hatte Angst, seit Albertz tatsächlich bei ihr aufgetaucht war, wie Hans Schmidt erst vor wenigen Stunden prophezeit hatte. Sie sah keine Möglichkeit, sich gegen ihn zu wehren, sie hatte nie eine Chance gegen ihn gehabt. Er war ein Teufel in Menschengestalt. Mit einem Mal kamen ihr Träume aus den letzten Tagen und Wochen wieder in den Sinn, in denen sie sich ständig mit dem Sterben konfrontiert gesehen hatte, auch wenn es hieß, Todesträume bedeuteten nie den Tod, sondern einen Neuanfang. Aber die Träume waren düster und deprimierend gewesen, ohne einen Hauch von Hoffnung. Dazu kam, dass in ihrer Familie niemand alt geworden war: Ihr Vater war mit achtundfünfzig einem Herzinfarkt erlegen, ihre Mutter mit einundsechzig bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ihre Tante war mit siebzig einem brutalen Verbrechen zum Opfer gefallen, ihr Onkel kurz darauf qualvoll an Krebs gestorben. Auch sie würde diesen Teufelskreis des Jungsterbens nicht durchbrechen, da war sie sich sicher, jetzt mehr denn je. Und doch hatte sie Angst, denn das Leben war vor allem in den letzten zehn Jahren auch schön gewesen, ganz speziell die letzte Nacht mit Hans Schmidt. Aber jetzt war sie mit Albertz in ihrem orientalisch eingerichteten Wohnzimmer, und eine unerträgliche Spannung lag über ihnen.

Albertz saß lässig auf dem Sofa, die Augen starr auf Sarah Schumann gerichtet. Er hatte scheinbar geduldig zugehört, bis er sagte: »Bist du fertig?«

»Noch längst nicht, aber ich habe nicht vor, mich länger mit dir abzugeben. Ich werde jetzt aufstehen und gehen, und du wirst mich nicht daran hindern. Oder willst du mich umbringen?«

»Ich weiß es nicht, liebe Sarah. Ich weiß es wirklich nicht. Gib mir noch ein wenig Zeit, damit ich es mir überlegen kann«, antwortete er wieder mit diesem diabolischen Lächeln, wobei er sich mit der Zunge über die Unterlippe fuhr.

»Du bist so ein elender, zynischer Menschenverachter, wie ich noch keinen getroffen habe. Dagegen war Manfred geradezu ein Lamm. Wie wird man so wie du? Erklär's mir. Ist es das Geld, ist es Macht oder eine Kombination aus beidem? Was ist es?«

»Sarah, meine Liebe, selbst wenn ich es dir erklären könnte, du würdest es niemals verstehen. Ich diene meinem Land, und das ist die Wahrheit. Wir sind dazu da, Geschäfte reibungslos über die Bühne zu bringen.« Sarah Schumann lachte bitter auf. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass es bei euch allein um Geschäfte geht ...«

»Lass mich gefälligst ausreden. Es geht ums Geschäft, nur ums Geschäft und sonst nichts. Es geht um Milliarden und Abermilliarden, Summen, von denen selbst du dir keine Vorstellung machen kannst. Du hast keine Ahnung, welche Geschäfte in diesem Land abgewickelt werden, und das alles unter dem Schutzmantel der Politik. Wir sind das Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft, denn wir machen den Weg frei, wie es in dem Slogan einer Bank so schön heißt. Übrigens, ich habe es mir überlegt, ich werde dich am Leben lassen. Solltest du deinen Lover, unseren Killer, zufällig treffen oder mit ihm telefonieren, dann richte ihm aus, dass ich ihn unbedingt sprechen möchte. Er hat nichts zu befürchten, wenn er sich ausschließlich an mich hält. Hast du das verstanden?«

»Ich bin ja nicht taub. Aber ich werde ihn in nächster Zeit weder treffen noch mit ihm telefonieren, das hatten wir so ausgemacht. Er ist nicht in Kiel, und falls doch, so hat er mir das verschwiegen. Das ist die Wahrheit«, sagte sie und hoffte, dass Albertz ihr diesmal die Lüge abkaufen würde, denn mit seiner Zusicherung, sie am Leben zu lassen, war ihre Selbstsicherheit zurückgekehrt. Albertz erhob sich, ging auf Sarah Schumann zu, packte sie blitzschnell mit kräftigem Griff am Handgelenk und riss sie hoch, worauf sie aufschrie. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, Zigaretten- und Whiskeyatem schlug ihr entgegen. Mit der anderen Hand fasste er ihr an die linke Brust und drückte zu, so dass ihr das Wasser in die Augen schoss.

»Hör mir gut zu, meine liebe Sarah. Solltest du mich angelogen haben, hast du damit dein Todesurteil unterschrieben. Kapiert?«

Als sie nur nickte und nichts sagte, quetschte er ihr die Brust noch fester zusammen und drückte mit geübtem Griff auf das Handgelenk, dass sie glaubte, es würde gleich brechen. »Ob du das kapiert hast, will ich wissen! Hast du?«

»Ja«, stieß sie mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. »Gut. Wir werden jetzt nach oben gehen und das tun, was ich schon ewig nicht mehr mit dir getan habe. Wir besiegeln damit deine Unterschrift, wie wir es früher schon getan haben. Ein kleiner Fick zur Mittagsstunde ist doch was Wunderbares, oder?«

Sarah Schumann schloss die Augen, sie ekelte sich allein bei dem Gedanken, von Albertz angefasst zu werden, aber sie hatte keine Wahl, wollte sie am Leben bleiben.

»Ich habe dich etwas gefragt. Du riechst gut, weißt du das? Nein, >riechen< ist das falsche Wort, du duftest wie eine Blume des Orients. Ich habe eine heiße Frau zu Hause, sie ist Ende zwanzig und feurig wie ein Vulkan, ihr kann es nie zu hart sein, sie will immer mehr und mehr und mehr, eine Brasilianerin mit richtig viel Pfeffer im Arsch. Du bist der Gegenpol zu ihr, unterkühlt, fast frigide, aber ich liebe dieses Gegensätzliche. Auf geht's, einen Stock höher.«

»Warum mit mir? Lass mich doch einfach in Ruhe«, stöhnte sie. »Oder gibt dir deine rassige Brasilianerin doch nicht genug? Bist du ihr vielleicht zu alt?« »Diese Schläge unter die Gürtellinie bin ich von dir gar nicht gewohnt. Das ist ja eine ganz andere Sarah als die, die ich bisher kannte. Trotzdem, dieser Zynismus steht dir nicht. Und um deine Frage nach dem Warum zu beantworten: Weil ich den Kurs bestimme und nicht du. Wenn du einwilligst, bist du mich in spätestens einer Stunde los und siehst mich vorläufig nicht wieder. Also, was ist, gehst du freiwillig mit nach oben, oder muss ich noch gröber werden?«

»Spar es dir, ich komme mit.«

»Na also, geht doch. Wie gefällt dir übrigens die Pistole, die ich dir zu Weihnachten geschenkt habe? Sie liegt gut in der Hand, oder?«

»Ich habe sie noch nicht ausprobiert, ich hasse Waffen.« »Oho, was für hehre Grundsätze - aber den eigenen Mann umbringen lassen ... Dazu noch ein Mädchen, das gerade in die Pubertät gekommen war. Tz, tz, tz, du solltest dir überlegen, was du sagst. Du hasst keine Waffen, du hasst es nur, die Arbeit selbst zu erledigen. Das ist übrigens eine Gemeinsamkeit von uns. Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass wir so etwas wie Seelenverwandte sind - mit tiefen Abgründen in der Seele. Unsere Seelen sind so schwarz wie eine sternenlose Nacht. Wenn du dich mit diesem Gedanken endlich anfreunden könntest, wäre dein Leben sehr viel einfacher. So, genug geredet. Wo ist das Hausmädchen?«

»Im Weinkeller, wie du geraten hast. Würdest du mich jetzt bitte loslassen? Ich laufe dir schon nicht davon.« »Oh, entschuldige, ich wollte dir nicht weh tun«, sagte Albertz maliziös lächelnd und lockerte seinen Griff. »Gehen wir nach oben«, sagte Sarah Schumann mit schwerer Stimme, ihre linke Brust schmerzte, es fühlte sich an, als würden tausend Nadeln darinstecken, und gleichzeitig war da ein dumpfes Pochen, dagegen war der Schmerz in ihrem Handgelenk eine Nichtigkeit. Aber sie wusste, es war noch nicht vorbei. Das Schlimmste stand Ihr noch bevor.

Vielleicht würde sie Hans Schmidt davon berichten, vielleicht würde sie es aber auch für sich behalten, um zu verhindern, dass Schmidt noch mehr Menschen tötete, auch wenn es um Albertz nicht schade gewesen wäre. Er war ein Monster, eine reißende Bestie und doch unantastbar.

Aber das Morden musste ein Ende haben, und sie war bereit, Opfer dafür zu bringen.

Oben angelangt, fragte Sarah Schumann: »Woher weißt du überhaupt, dass ich hier wohne?« »Ich bitte dich, Sarahschatz, ich weiß alles, wenn ich es wissen will. Na ja, fast alles, und es ärgert mich gewaltig, dass ich zum Beispiel bis heute nicht weiß, wem wir unsere Aufträge geben. Es macht mich geradezu rasend, ich möchte wissen, was für ein Mensch das ist, der in unserem Auftrag unliebsame Personen liquidiert ... Genug der Worte, lass uns zum vergnüglichen Teil übergehen. Nach dir, meine Liebe«, sagte er mit einer gespielt devoten, verhöhnenden Verbeugung, woraufhin Sarah Schumann die Schlafzimmertür öffnete. Er machte sie leise zu, schloss ab und steckte den Schlüssel ein. »Zieh dich aus!«, befahl er. Seine Stimme klang ruhig, doch der Ausdruck in seinen Augen zeigte die Gier, die in ihm brodelte. Die Gier nach Sarah Schumann, die sich ihm seit über zwanzig Jahren verweigert hatte, doch heute würde er sie bekommen, sie demütigen für ihr beharrliches Schweigen und vor allem für die Zurückweisung, die er durch sie erfahren hatte. Sie war der Traum seines Lebens gewesen, aber sie hatte nie das Geringste für ihn empfunden.

Sarah Schumann zog sich bis auf die Unterwäsche aus und sah ihn an.

»Du bist tatsächlich immer noch so schön wie früher«, sagte er anerkennend. »Ich würde sagen, du bist sogar noch schöner, der Vergleich sei gestattet, du bist wie ein ganz besonderer Wein oder Whiskey, alt, aber dafür umso begehrenswerter.«

»Komm endlich zur Sache, ich will es hinter mich bringen.«

»Sarah, Sarah, Sarah, warum bist du immer so brüsk zu mir? Was habe ich dir getan? Ich habe dich geschützt damals, ich hätte genauso gut Beweise vorlegen können, nach denen du den Auftrag erteilt hast, deinen Mann um die Ecke zu bringen. Ich habe es aber unterlassen, weil ich dich geliebt habe. Das ist die Wahrheit, ich habe dich geliebt, doch du hast meine Liebe mit Füßen getreten ... Schöne Unterwäsche. La Perla?«

»Du redest zu viel.« Sarah setzte sich auf die Bettkante. »Willst du reden oder ...«

»Beides. Fang an, du weißt ja sicher noch, worauf ich stehe, so etwas vergisst man nie, es ist wie Radfahren.« Es dauerte kaum eine halbe Stunde, bis Albertz sich wieder ankleidete, während Sarah die Bettdecke bis zum Kinn hochzog und jede seiner Bewegungen verfolgte, als fürchtete sie, er könnte noch einmal über sie herfallen. Ihr Unterleib brannte, der Darm schmerzte, das Brennen schien den gesamten Körper zu durchfluten. Sie verwarf den Gedanken, Schmidt nichts von dem Geschehenen zu berichten. Sie würde es ihm erzählen, und vielleicht würde er Albertz zur Strecke bringen und sie endgültig von ihm befreien.

»Du sagst ja gar nichts, Liebling.« Albertz zog sich die Jacke an. »Hat es dir etwa nicht gefallen? Nun, das macht nichts, Hauptsache mir hat es gutgetan. Noch mal zur Erinnerung: Solltest du unseren Mann zufällig treffen oder mit ihm telefonieren, vergiss nicht, ihm auszurichten, dass er mich unbedingt kontaktieren soll. Am besten noch im Laufe dieser Woche. Du hast ja meine Telefonnummern, wenn nicht, hier ist meine Karte.« Er zog eine Visitenkarte aus der Jacke und warf sie aufs Bett. »Richte ihm aus, sollte er sich nicht bei mir melden, dann werden wir ihn jagen. Bis jetzt haben wir noch jeden gekriegt, den wir kriegen wollten. Bruhns und Klein verzeihe ich ihm ja noch, aber Bernhard, das war einer zu viel. Bernhard war für mich wie ein Bruder, und er war ein logistisches Genie, das kaum zu ersetzen sein wird. So etwas macht niemand ungestraft, auch wenn es unser bester Mann ist.«

»Das ist euer Problem und nicht meins. Ich wiederhole - er hat keinen Grund, sich gegen euch zu stellen, ihr habt so schon mehr als genug Feinde.«

»Tja, ich muss dich enttäuschen, ich habe Beweise, die eindeutig belegen, dass er meine Leute umgebracht hat. Nicht, dass ich um sie weinen würde, aber ich fühle mich persönlich angegriffen ...« »Was für Beweise?«

»Er hat seine Visitenkarte an den Tatorten hinterlassen, und diese Visitenkarte gibt es nur ein einziges Mal auf dieser Welt. So, jetzt weißt du's. Also, sprich mit ihm und richte ihm meine Botschaft aus.«

An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Ach ja, das hätte ich über all dem Vergnügen doch beinahe vergessen: Du hast bis morgen Abend Zeit, danach wirst du dich gut vor mir verstecken müssen. Ich hasse Zeitdruck, aber in diesem Fall ist er notwendig. Noch was - du bist im Bett nicht mehr das, was du mal warst. Ist wohl doch das Alter, liebe Sarah. Wir hören voneinander.« »Warte. Die beiden Polizisten, die vorhin hier waren, hast du die als Vorhut geschickt, um zu sehen, ob ich zu Hause bin?«

»Welche Bullen?«

»Ich bitte dich, du wirst doch wohl wissen, wen du schickst. Eine Frau Santos und ein Herr Henning. Klingelt's jetzt?«

»Ach, die beiden. Nein, die habe ich nicht geschickt, die arbeiten bei der Mordkommission. Was wollten sie von dir?«

»Informationen über Bruhns.«

»Die haben mit mir nichts zu tun und umgekehrt«, log er. »Das war Zufall. Adieu oder auf Wiedersehen, es liegt ganz bei dir. Nun mach dir einen schönen Tag und lass es dir gutgehen.«

Nachdem Sarah gehört hatte, wie die Haustür ins Schloss fiel, stand sie auf. Sie ging ins Bad und stellte sich unter die Dusche, sie fühlte sich schmutzig wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Tränen flössen ihr über das Gesicht und vermischten sich mit dem Wasser, sie kauerte sich in die Ecke der Duschkabine, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen. Sie weinte oft, aber nie in Gegenwart anderer. Alle sollten denken, dass sie die starke Sarah Schumann war, die nichts und niemand aus der Bahn werfen konnte. Dabei war sie unendlich verletzlich, doch sobald jemand bei ihr war, zeigte sie Stärke, Durchsetzungsvermögen und einen Stolz, den manche als Arroganz deuteten, dabei war es nur ein Schutzschild gegen mögliche Angriffe von außen, von denen sie schon so viele erlebt hatte. In Wahrheit war sie nicht stolz, sie war es nie gewesen und würde es nie sein, denn es gab nichts, worauf sie stolz sein konnte. Es gab einiges, woran sie sich freute, allen voran ihre Töchter, die sie bis an ihr Lebensende mit Zähnen und Klauen verteidigen würde, genau wie ihre Enkelkinder, in denen sie sowohl sich als auch deren Mütter sah.

Der Einzige, der von ihrer Verletzbarkeit und ihrer Einsamkeit wusste, war Hans Schmidt, auch wenn er es nie ausgesprochen hatte. Doch sie spürte es, sie meinte, seine Gedanken lesen zu können - zumindest, was sie betraf. Sie weinte minutenlang, während das sehr warme, fast heiße Wasser über ihren Körper rann. Schließlich erhob sie sich, stellte das Wasser aus. Das Brennen in ihrem Unterleib hatte ein wenig nachgelassen, sie trocknete sich ab, warf die sündhaft teure Unterwäsche in den Papierkorb, föhnte sich das Haar und legte Make-up auf. Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie hinunter in den Weinkeller und sagte: »Sabine, Sie können aufhören. Nehmen Sie sich für den Rest des Tages frei, und morgen brauche ich Sie auch nicht. Es ist ein bezahlter Urlaub, ich möchte heute und morgen alleine sein.« »Frau Schumann, ich freue mich natürlich darüber, aber ...«

»Stellen Sie keine Fragen! Am Samstag erwarte ich Sie wieder hier. Danke.«

Sarah Schumann wandte sich um und ging ins Wohnzimmer, setzte sich in ihren Sessel und überlegte. Nach einigen Minuten griff sie zum Telefon, das ausschließlich für Gespräche mit Hans Schmidt bestimmt war. Sie wählte seine Handynummer, nach dem zweiten Läuten nahm er ab.

»Ich muss dich sehen. Dringend.« »Was ist passiert?«

»Nicht am Telefon. Komm her, aber sei vorsichtig. Ruf mich an, wenn du hier bist, ich mache dann das hintere Tor auf und die Kellertür. Ich werde über sämtliche Kameras prüfen, ob mein Haus überwacht wird. Falls ja, geb ich dir rechtzeitig Bescheid.« »Soll ich nicht lieber warten, bis es dunkel ist?« »Nein, komm sofort. Es ist etwas passiert.« »Ich bin zu Hause, ich, ahm, ich bin wieder umgekehrt. Bis gleich. Sollte ich irgendetwas Auffälliges bemerken, werde ich aber nicht kommen. Dann treffen wir uns irgendwo in der Stadt. Okay?«

»Einverstanden.«

Sarah Schumann erhob sich mühsam, die Schmerzen in der linken Brust, am Handgelenk und vor allem am Anus waren wieder stärker geworden und machten jede Bewegung zur Qual. Außer ihrem toten Mann gab es niemanden, den sie so sehr hasste und verabscheute wie Karl Albertz, diesen eiskalten, gewissenlosen Teufel, der direkt aus der Hölle emporgestiegen war, der so viel Macht und Einfluss besaß und dennoch stets im Hintergrund blieb. Bis vor ein paar Stunden hatte sie nicht einmal gewusst, dass er in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wohnte. Niemals hätte sie für möglich gehalten, nach einer solch langen Zeit wieder von ihm vergewaltigt zu werden. Ihm hatte es Spaß bereitet, sie fühlte nur Schmerz, Ekel, Wut und eine tiefe Leere in ihrem Innern. Sie setzte sich vor den Monitor und schaltete eine Überwachungskamera nach der anderen ein, insgesamt waren es neun, die das Grundstück und die Straße erfassten, es gab nicht einen toten Winkel. Nach zehn Minuten war sie zufrieden, es parkte kein Auto in der näheren Umgebung, das nicht hierhergehörte, kein Mensch war zu sehen, der sich auffällig verhielt.

Sie rief erneut bei Schmidt an. »Du kannst kommen.« »Ich habe auch eben die Lage gecheckt, es ist alles sauber. Bis gleich.«

Sarah Schumann legte auf und stellte sich ans Fenster. Sie hatte nicht damit gerechnet, in Kiel mit Albertz konfrontiert zu werden. Sie hatte niemals mit den Schmerzen gerechnet, mit der Demütigung, ihm zu Willen sein zu müssen. Tja, dachte sie, ich wäre wohl doch besser zu Hause geblieben. Jetzt ist es zu spät. Sie hörte, wie der Schlüssel, den sie Schmidt gegeben hatte, ins Schloss gesteckt und die Tür aufgemacht wurde.

Hans Schmidt ging auf sie zu und nahm sie in den Arm, sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und fühlte sich geborgen.

»Was ist passiert? Hat es mit Albertz zu tun?« »Woher weißt du ...«

»Ich habe es doch geahnt. Sarah, warum bist du nicht zurück nach Frankfurt gefahren? Warum? Was wollte er?«

»Komm, setzen wir uns, mir tut alles weh.« »Wieso?«, fragte Schmidt mit düsterem Blick. Sie ließen sich nebeneinander auf der breiten Couch nieder. »Er hat mich zum Sex gezwungen. Zuletzt hat er das vor vielleicht zwanzig Jahren getan, und ich hätte niemals damit gerechnet, aber ...«

»Moment. Der Reihe nach. Was wollte Albertz hier? Er wollte doch nicht nur Sex. Was war der eigentliche Grund?«

»Er wollte deinen Namen. Ich habe ihm gesagt, eher würde ich sterben, als dass ich dich verraten würde« »Du bist sehr, sehr mutig. Ich danke dir. Und weiter?« »Hier.« Sie zeigte ihm ihr angeschwollenes, blutunterlaufenes rechtes Handgelenk. »Da hat er mich gepackt und hochgerissen. Dann hat er meine linke Brust zugedrückt, es hat so höllisch weh getan, dass ich kaum noch klar denken konnte. Er hat auch gedroht, mich umzubringen, wenn ich ihm nicht bis morgen Abend deinen Namen liefere.«

»Und dann hat er dich vergewaltigt. Wo? Hier oder im Schlafzimmer?«

»Im Schlafzimmer. Hans, was soll ich jetzt tun? Die ganze Sache ist außer Kontrolle geraten.« »Gar nichts ist außer Kontrolle geraten, ganz im Gegenteil. Ich war heute Vormittag eigentlich auf dem Weg zu jemand anderem, habe es mir aber anders überlegt. Erst ist Albertz fällig.«

»Zu wem warst du unterwegs?«

»Das verrate ich erst, wenn ich es hinter mich gebracht habe. Nur das mit Albertz darfst du vorher wissen.« »Hans, bitte, lass es«, flehte Sarah Schumann und fasste ihn am Arm. »Du hast keine Chance gegen ihn, der hat eine übermächtige Organisation im Rücken. Du könntest genauso gut Selbstmord begehen. Bitte, lass es.« Er nahm ihre Hand und sagte mit fester Stimme: »Dann wird er dich umbringen, und das werde ich niemals zulassen. Vertrau mir, ich weiß, was ich tue. Ich habe auch schon einen Plan, wie ich an Albertz rankomme, ohne dass er Verdacht schöpft.«

»Er ist ein Teufel. Ich kenne niemanden, der den Teufel austricksen könnte. Ich habe Angst um dich.« »Ich habe etwas angefangen, und ich werde es zu Ende bringen. Albertz ist ein Schwein, das sich gerne im Dreck suhlt. Ich werde ihn in seinem eigenen Dreck untergehen lassen. Ich kenne ihn, aber er kennt nicht meine wahre Identität. Das ist der größte Vorteil, den ich habe. Ich bin es nicht nur dir, sondern auch mir schuldig, dass diese Organisation zumindest für eine Weile ihre Struktur verliert.«

»Wie willst du an ihn rankommen?« »Damit will ich dich gar nicht belasten. Ich garantiere dir: Er wird nie wieder einem Menschen Schmerzen zufügen.«

»Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Angst ich habe. Erst die beiden Polizisten, dann Albertz ...« »Was für Polizisten?«

»Sie waren von der Mordkommission und haben mir Fragen über Bruhns gestellt. Als Albertz kam, dachte ich, sie wären in seinem Auftrag geschickt worden, um die Lage zu sondieren, denn es war ein höchst merkwürdiger Besuch. Ich habe ihn darauf angesprochen, doch Albertz meinte, das müsse Zufall gewesen sein, er habe sie nicht geschickt ...«

»Haben die sich ausgewiesen? Wie heißen sie?« »Eine Frau Santos und ein Herr Henning ...« »Verdammte Scheiße!«, fluchte Schmidt und sprang auf. Er stellte sich ans Fenster und sah hinaus in die düstere Landschaft, es hatte wieder geregnet, und die Wolken hingen tief. »Warum haben die das getan? Das war nicht meine Absicht.«

»Wovon sprichst du?« Sarah runzelte die Stirn, stellte sich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Hüfte. »Ich habe die beiden ein paarmal anonym angerufen und sie zu den Tatorten bestellt. Ich wusste, dass sie die besten Ermittler weit und breit sind, und dachte mir, sie wären in der Lage, die Sache zu durchschauen. Aber ich habe niemals damit gerechnet, dass sie zu dir kommen würden.«

»Ja und? Ich kann dir immer noch nicht folgen.« »Wenn sie von dir wissen, wissen sie vermutlich auch von Albertz und den anderen Sauereien. Die sind klug, aber ich schätze, Albertz wird nicht zulassen, dass sie weiter ermitteln. Er wird versuchen, alles aus dem Weg zu räumen, was seine Machenschaften aufdecken könnte. Ich muss mir dringend was einfallen lassen. Die sind verdammt weit gegangen, wenn sie es schon bis zu dir geschafft haben. Mit Sicherheit kennen sie deine Vita und wissen, was mit deinem Mann passiert ist. Die kamen nicht wegen Bruhns zu dir, sondern um dich kennenzulernen. Damit haben sie sich in Gefahr gebracht, ohne es zu wissen.«

»Du hast sie angerufen?«, sagte sie beinahe erschrocken. »Ja, ich wollte nicht, dass die Morde an Bruhns und Klein in der Versenkung verschwinden und keiner erfährt, was wirklich passiert ist. Und jetzt das! Als du Albertz von ihnen erzählt hast, wie hat er reagiert? Hattest du das Gefühl, dass er sie kennt?«

»Ja, er sagte, sie wären bei der Mordkommission.« »Okay, Sarah, bitte höre auf meinen Rat: Du bleibst hier und verbarrikadierst dich und lässt niemanden, und zwar wirklich niemanden hier rein, du schaltest sämtliche Sicherheitssysteme ein, schließt alles ab und wartest auf mich. Ich muss mich jetzt beeilen und zusehen, dass ich Albertz erwische. Ich bin Hans Schmidt und erstelle Gutachten alter Handschriften und Bücher und habe auch hin und wieder ein paar bibliophile Preziosen anzubieten. Genau das werde ich tun. Ich habe Albertz am Samstagabend auf dem Fest beim Grafen getroffen und mit ihm ein paar Worte gewechselt. Da ahnte ich allerdings noch nicht, was für eine verdammte Drecksau er ist. Kann ich dich jetzt allein lassen?«

»Ja, ich komme zurecht. Und bitte, melde dich zwischendurch bei mir, damit ich weiß, dass es dir gutgeht. Bitte.« »Werde ich, sofern keiner sonst zuhört. Ruf du nicht bei mir an, es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Abgemacht?«

»Abgemacht. Ich bin so froh, dass es dich gibt, gleichzeitig habe ich Angst, dass ich dich jetzt verlieren könnte. Versprich mir, dass du vorsichtig bist.« »Heiliges Ehrenwort.«

Schmidt umarmte Sarah, küsste sie und streichelte ihr über Haar und Gesicht. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie sagte: »Geh schon und bring's hinter dich, aber bitte, komm lebend wieder.«

»Lenk dich ab, schwimm ein paar Runden, mach Yoga oder Sport, schau Fernsehen oder telefonier mit einer Freundin oder deinen Töchtern, tu etwas, tu etwas, tu etwas! Sitz nicht einfach nur rum und beobachte den Sekundenzeiger. Okay?«

»Okay«, sagte sie, doch es klang nicht überzeugend. »Ich melde mich, sobald ich kann. Auf jeden Fall sehen wir uns heute noch. Albertz ist ein toter Mann, er weiß es nur noch nicht.«

»Geh, ich will nichts mehr hören, ich verkrafte das alles nicht mehr. Geh und pass auf dich auf.« Sie machte eine besorgte Miene und legte ihm die Hand auf die Wange. »Ich liebe dich, auch wenn du eine andere Frau mehr liebst. Aber du kannst mir meine Liebe nicht nehmen. Niemals, das sollst du noch wissen.« Hans Schmidt nickte, gab ihr einen Kuss, ging in den kleinen Raum, wo der Überwachungsmonitor stand, vergewisserte sich, dass rings um das Haus die Luft rein war, und ging nach draußen. Es war kurz nach halb zwei. Gemäßigten Schrittes ging er auf sein Haus zu. Er hatte einen Plan.

 

Eisige Naehe
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